Die Auswirkungen des Tschernobyl Unglücks sind nach mehr als 30 Jahren in Deutschland begrenzt. Den Behörden bereitet aber regional noch die Radioaktivität von Wildschweinen und einigen Pilzarten Sorgen. Strahlenbiologisch ist heute nur noch das Cäsium-137 relevant. Nahrungsmittel von landwirtschaftlichen Flächen weisen weitestgehend Radiocäsium Aktivitäten auf, die auch vor dem Reaktorunfall gemessen wurden. Doch aufgrund von besonderen Transfervorgängen in Waldökosystemen kommt es hier in einigen Biomedien zu erhöhten Cäsium-137 Kontaminationen.
Hirschtrüffel reichern das Nuklid in besonderem Maße an. Und da Wildschweine diese Pilze ausgesprochen gern fressen, führt das zu einer erhöhten Cäsium-137 Strahlenbelastung bei Wildschweinen. Da Schwarzwild aber Hirschtrüffel ganzjährig nicht in gleichen Mengen aufnimmt und die Trüffel auch saisonal unterschiedlich fruktifizieren, ist das Ganze sehr dynamisch.
Wie kommt das Radiocäsium ins Wildschwein?
Wildschweine nehmen Radiocäsium überwiegend über die Nahrung auf (Ingestition). Andere Einträge, wie die Resorption über die Haut, oder per Inhalation über die Atemwege sind mehr als 3 Jahrzehnte nach dem Reaktorunfall in Deutschland nicht von Bedeutung.
Abb. 1: Schematische Darstellung des Cäsium-137 Stoffwechsels im Wildschwein
Die Radiocäsium Kontamination im Wildschweinfleisch, dem Kompartiment in dem sich das Nuklid überwiegend anreichert ist zeitlich sehr dynamisch. Der Aktivitätsspiegel kann sich in Abhängigkeit der Cs-137 Zufuhr über die Nahrung schnell erhöhen, aber auch schnell wieder verringern. Das Nuklid wird im Magendarmtrakt nahezu vollständig resorbiert und über das Blut im Körper verteilt, allerdings auch wieder über Kot und Urin ausgeschieden. Die biologische Halbwertszeit beträgt nur etwa 20 Tage.
Das bedeutet beispielsweise:
- Bei gleichbleibender Cäsium-137 Zufuhr über die Nahrung, stellt sich nach ca. 3 Wochen im Körper ein Geleichgewichtszustand ein. Die Kontamination im Wildschweinkörper bleibt konstant.
- Wird über die Nahrung kein Cäsium-137 mehr aufgenommen, so halbiert sich die Kontamination innerhalb von ca. 3 Wochen. Nach 6 Wochen wäre dann die Radiocäsiumkontamination auf 1/4 der ursprünglichen Kontamination zurückgegangen.
Die Dynamik im Stoffwechsel wird auch an Messungen von Kot von Wildschweinen deutlich. In 2004 enthielten 2 Kotproben 5.363 Bq Cs-137/kg bzw. 9.447 Bq Cs-137/kg. Die Proben stammten von Wildschweinen, die in einem durch den Tschernobyl-Fallout besonders betroffenen Gebiet im Bayerischen Wald lebten. Ein beträchtlicher Teil der im Körper vorhandenen Aktivität wird also via Exkretion ausgeschieden. Aufgrund des saisonal unterschiedlichen Inputs an Cs-137 treten die bekannten Schwankungen der Cäsium 137 Kontamination von Wildschweinen auf.
Radioaktivität der Wildschweine zeigt hohe Variabilität, auch im Jahresablauf
Die Cäsium 137 Kontamination von Wildschweinen kann in einem Bestand bis zu 3 Größenordnungen variieren. Diese Aussage trifft auch auf die Variabilität innerhalb eines Jahres zu.
Messwerte aus Deutschland
In den Monaten nach der Deposition von Radiocäsium durch den Tschernobyl-Fallout wurden in in Deutschland in Wildschweinfleisch Werte von wenigen Becquerel pro Kilogramm bis zu einigen tausend Becquerel pro Kilogramm gemessen.
2021 ist die Spannweite der Kontamination bei Wildschweinen noch genauso groß.
Dabei ist ein Phänomen von besonderer Bedeutung: Die großen Unterschiede in der Strahlenbelastung von Wildschweinen treten nicht nur zwischen verschiedenen Regionen in Deutschland auf, sondern auch in den durch den Tschernobyl-Fallout höher kontaminieren Gebieten.
So ist es beispielsweise möglich, auch 2021 Proben von Wildschweinen aus demselben Jagdrevier zeitgleich unter 100 Bq/kg aber auch von mehreren tausend Bq/kg enthalten. Zusätzlich können auch saisonal große Schwanken bei der Kontamination in einem Gebiet auftreten.
2021
In der Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Umwelt sind für den Zeitraum 01.01.2021 – 23.02.2021 Cäsium 137 Messwerte von 31 Proben von Wildschweinen mit Herkunft Deutschland angegeben. Der Mittelwert beträgt 9,4 Bq/kg FM, der Median 1,9 Bq/kg FM. Der Höchstwert war 97 Bq/kg FM (Quelle: lfu.bayern.de).
2020
Radioaktive Messungen an Fleischproben von Wildschweinen aus Bayern werden u. a. vom Bayerischen Landesamt für Umwelt und Lebensmittelsicherheit durchgeführt. Für 2020 sind die folgenden Ergebnisse auf der Webseite des LfU publiziert (Tabelle 1). Bei den gemessenen Cs 137 Aktivitäten ist zu beachten, dass es sich überwiegend um Fleisch von Tieren handelt, die offiziell in den Verkehr gebracht wurden. Entsprechend liegen die Werte unter der 600 Bq-Grenze. In Süddeutschland werden bei Wildschweinen regional zum Teil deutlich höhere Cäsium-Kontaminationen gemessen, vereinzelt bis 10.000 Bq/kg. Diese Tiere kommen nicht in den Handel, sie werden entsorgt.
Tab. 1: Cäsium-137 Messwerte von Wildschweinen aus Bayern 2020. Quelle: Bayerischen Landesamt für Umwelt
Probenahme | Probenherkunft | Cäsium-137 [Bq/kg Frischgewicht] |
24.11.2020 | Kulmbach, Landkrs. | 1,7 |
24.11.2020 | Kulmbach, Landkrs. | 1,2 |
17.11.2020 | Regensburg, Landkrs. | 46 |
16.11.2020 | Tirschenreuth, Landkrs. | 140 |
06.11.2020 | Bamberg, Landkrs. | 0,50 |
29.10.2020 | Würzburg, Landkrs. | < 0,20 |
26.10.2020 | Kronach, Landkrs. | 2,4 |
26.10.2020 | Coburg, Landkrs. | 0,41 |
21.10.2020 | Würzburg | < 0,18 |
19.10.2020 | Hof | 17 |
16.10.2020 | Forchheim, Landkrs. | < 0,19 |
13.10.2020 | Günzburg, Landkrs. | 15 |
13.10.2020 | Berchtesgadener Land, Landkrs. | 3,6 |
12.10.2020 | Neu-Ulm, Landkrs. | < 0,40 |
30.09.2020 | Ebersberg, Landkrs. | 23 |
29.09.2020 | Weilheim-Schongau, Landkrs. | 6,7 |
28.09.2020 | Aichach-Friedberg, Landkrs. | 25 |
22.09.2020 | Oberallgäu, Landkrs. | 2,4 |
15.09.2020 | Wunsiedel i. Fichtelgebirge, Landkrs. | 0,51 |
14.09.2020 | Mühldorf a. Inn, Landkrs. | 24 |
07.09.2020 | Dillingen a.d. Donau, Landkrs. | < 0,43 |
26.08.2020 | Lichtenfels, Landkrs. | 480 |
18.08.2020 | Bamberg, Landkrs. | 2,4 |
12.08.2020 | Garmisch-Partenkirchen, Landkrs. | 12 |
11.08.2020 | Starnberg, Landkrs. | 150 |
10.08.2020 | Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim, Landkrs. | < 0,40 |
04.08.2020 | Kitzingen, Landkrs. | 0,15 |
30.07.2020 | Landsberg am Lech, Landkrs. | 1,4 |
24.07.2020 | Starnberg, Landkrs. | 72 |
24.07.2020 | Nürnberger Land, Landkrs. | 1,7 |
21.07.2020 | Schwandorf, Landkrs. | 620 |
21.07.2020 | Neustadt a.d. Waldnaab, Landkrs. | 610 |
21.07.2020 | Schweinfurt, Landkrs. | 7,7 |
20.07.2020 | Rottal-Inn, Landkrs. | 3,9 |
17.07.2020 | Amberg-Sulzbach, Landkrs. | 340 |
16.07.2020 | Miesbach, Landkrs. | 0,49 |
15.07.2020 | Miltenberg, Landkrs. | 0,99 |
15.07.2020 | Aschaffenburg, Landkrs. | 1,2 |
15.07.2020 | Fürth, Landkrs. | 1,3 |
14.07.2020 | Tirschenreuth, Landkrs. | 160 |
14.07.2020 | Bad Kissingen, Landkrs. | < 0,11 |
14.07.2020 | Roth, Landkrs. | 460 |
14.07.2020 | Weißenburg-Gunzenhausen, Landkrs. | 5,3 |
13.07.2020 | Tirschenreuth, Landkrs. | 100 |
13.07.2020 | Miltenberg, Landkrs. | 150 |
06.07.2020 | Aichach-Friedberg, Landkrs. | 140 |
02.07.2020 | Bayreuth, Landkrs. | 330 |
01.07.2020 | Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim, Landkrs. | 0,16 |
01.07.2020 | Aschaffenburg, Landkrs. | 2,4 |
30.06.2020 | Bayreuth | 21 |
29.06.2020 | Kulmbach, Landkrs. | 0,13 |
22.06.2020 | Coburg, Landkrs. | 0,64 |
22.06.2020 | Schweinfurt | 0,26 |
20.06.2020 | Hof, Landkrs. | 0,59 |
17.06.2020 | Augsburg, Landkrs. | 5,3 |
15.06.2020 | Neu-Ulm, Landkrs. | 0,33 |
04.06.2020 | Bad Tölz-Wolfratshausen, Landkrs. | 540 |
02.06.2020 | Cham, Landkrs. | 99 |
26.05.2020 | Erlangen-Höchstadt, Landkrs. | 170 |
25.05.2020 | Hof | < 0,083 |
19.05.2020 | Weilheim-Schongau, Landkrs. | 0,90 |
13.05.2020 | Günzburg, Landkrs. | 13 |
10.03.2020 | Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim, Landkrs. | 15 |
09.03.2020 | Berchtesgadener Land, Landkrs. | 640 |
06.03.2020 | Kronach, Landkrs. | 72 |
18.02.2020 | Nürnberger Land, Landkrs. | < 0,64 |
18.02.2020 | Rosenheim | 0,33 |
17.02.2020 | Amberg | 0,22 |
06.02.2020 | Kelheim, Landkrs. | 20 |
30.01.2020 | Erlangen | 4,4 |
29.01.2020 | Landshut, Landkrs. | 9,1 |
28.01.2020 | Fürstenfeldbruck, Landkrs. | 0,10 |
28.01.2020 | Fürstenfeldbruck, Landkrs. | 0,45 |
28.01.2020 | Main-Spessart, Landkrs. | 0,49 |
28.01.2020 | Augsburg | 0,28 |
24.01.2020 | Dachau, Landkrs. | 1,5 |
23.01.2020 | Donau-Ries, Landkrs. | 27 |
23.01.2020 | Donau-Ries, Landkrs. | 25 |
23.01.2020 | Miltenberg, Landkrs. | 130 |
22.01.2020 | Regensburg | 0,28 |
22.01.2020 | Amberg | 170 |
21.01.2020 | Weiden i.d. OPf. | 9,3 |
20.01.2020 | Ansbach, Landkrs. | 16 |
20.01.2020 | Bamberg | 3,2 |
20.01.2020 | Roth, Landkrs. | 280 |
20.01.2020 | Fürth, Landkrs. | 0,95 |
17.01.2020 | Bad Tölz-Wolfratshausen, Landkrs. | 2,2 |
15.01.2020 | Kempten (Allgäu) | 150 |
15.01.2020 | Würzburg | 2,1 |
14.01.2020 | Kaufbeuren | 1,7 |
13.01.2020 | Memmingen | 0,29 |
13.01.2020 | Straubing | 0,91 |
09.01.2020 | Würzburg, Landkrs. | 62 |
09.01.2020 | Forchheim, Landkrs. | 0,55 |
08.01.2020 | Neustadt a.d. Waldnaab, Landkrs. | 0,80 |
08.01.2020 | Berchtesgadener Land, Landkrs. | 0,59 |
08.01.2020 | Berchtesgadener Land, Landkrs. | 0,70 |
08.01.2020 | Rottal-Inn, Landkrs. | 17 |
07.01.2020 | Ingolstadt | 9,2 |
07.01.2020 | Regensburg, Landkrs. | 410 |
02.01.2020 | Rottal-Inn, Landkrs. | 4,2 |
Radioaktivitätsmessungen am Labor für Radioisotope der Universität Göttingen
Der Autor ist seit April 1986 für Untersuchungen zur radioaktiven Kontamination von Wildtieren in verschiedenen Funktionen verantwortlich. Wenn nicht anders kenntlich gemacht, erfolgten alle Messungen auf Radioaktivität am Labor für Radioisotope der Universität Göttingen. Das LARI hat eine nicht nuklidspezifische Umgangsgenehmigung und kann daher radioaktive Stoffe innerhalb der Grenzwerte der Aktivitätsklasse SK2 messen.
Cäsium-137 Messwerte 1986 und 1987
In der folgenden Tabelle sind Messwerte der Radiocäsium Aktivität von Wildschweinen aus den Jahren 1986 bis 1987 angegeben. Die Daten wurden am ehemaligen Institut für Wildbiologie und Jagdkunde an der Universität Göttingen erhoben. Die Messungen erfolgten am ehemaligen Isotopenlabor der Universität Göttingen (heute Labor für Radioisotope).
Erlegungsdatum | Erlegungsort | Cs-134 | Cs-137 |
[Bq/kg FS] | [Bq/kg FS] | ||
04.06.1986 | Hannoversch Münden | 56 | 120 |
07.06.1986 | Fintel | 42 | 84 |
12.06.1986 | Hammelburg | 12 | 25 |
18.06.1986 | Nörten Hardenberg | 61 | 131 |
22.06.1986 | Prezelle | 249 | 526 |
25.06.1986 | Wriedel | 23 | 65 |
29.06.1986 | Gleichen | 15 | 29 |
01.07.1986 | Bad Lauterberg | 179 | 381 |
02.07.1986 | Hannoversch Münden | 100 | 194 |
02.07.1986 | Hannoversch Münden | 86 | 188 |
03.07.1986 | Weil | 42 | 83 |
08.07.1986 | Gleichen | 35 | 66 |
09.07.1986 | Hannoversch Münden | 49 | 103 |
09.07.1986 | Hannoversch Münden | 55 | 103 |
11.07.1986 | Hannoversch Münden | 100 | 194 |
12.07.1986 | Bad Soden-Allendorf | 25 | 44 |
14.07.1986 | Rosdorf | 64 | 134 |
14.07.1986 | Hofgeismar | 112 | 237 |
14.07.1986 | Detmold | 116 | 237 |
16.07.1986 | Hannoversch Münden | 116 | 189 |
16.07.1986 | Hannoversch Münden | 116 | 189 |
21.07.1986 | Bühren | 31 | 52 |
06.08.1986 | Kehlheim | 19 | 79 |
14.09.1986 | Saumslek | 30 | 64 |
20.09.1986 | Gleichen | 12 | 26 |
23.09.1986 | Bargteheide | 6 | 14 |
24.09.1986 | Hardegsen | 17 | 55 |
27.10.1986 | Einbeck | 29 | 64 |
16.11.1986 | Reinhardshagen | 90 | 216 |
16.11.1986 | Reinhardshagen | 92 | 237 |
16.11.1986 | Reinhardshagen | 91 | 221 |
16.11.1986 | Reinhardshagen | 142 | 343 |
16.11.1986 | Reinhardshagen | 89 | 225 |
16.11.1986 | Reinhardshagen | 103 | 271 |
14.12.1986 | Nörten Hardenberg | 5 | 10 |
15.12.1986 | Springe | 29 | 69 |
15.12.1986 | Springe | 16 | 41 |
15.12.1986 | Springe | 34 | 77 |
15.12.1986 | Springe | 42 | 104 |
15.12.1986 | Springe | 28 | 77 |
15.12.1986 | Springe | 16 | 37 |
15.12.1986 | Springe | 28 | 70 |
15.12.1986 | Springe | 19 | 44 |
15.12.1986 | Springe | 15 | 32 |
27.01.1987 | Dassel | 58 | 154 |
27.01.1987 | Dassel | 42 | 99 |
22.06.1987 | Friedland | 4 | 18 |
24.06.1987 | Rosdorf | 26 | 59 |
24.06.1987 | Rosdorf | 15 | 29 |
17.08.1987 | Bodenmais | 1.062 | 3.619 |
26.08.1987 | Gleichen | 0 | 10 |
01.10.1987 | Bodenmais | 925 | 3.020 |
04.10.1987 | Bodenmais | 982 | 4.602 |
08.10.1987 | Bodenmais | 839 | 2.699 |
31.10.1987 | Kelheim | 4 | 22 |
22.11.1987 | Bodenmais | 1.455 | 5.425 |
03.12.1987 | Gartow | 17 | 56 |
10.12.1987 | Kassel | 13 | 58 |
11.12.1987 | Bodenmais | 278 | 973 |
06.01.1988 | Gartow | 12 | 43 |
11.02.1988 | Gartow | 8 | 29 |
23.03.1988 | Gartow | 1 | 6 |
06.07.1988 | Bodenmais | 590 | 2.284 |
15.07.1988 | Bodenmais | 408 | 1.668 |
29.07.1988 | Fuhrberg | 5 | 26 |
21.08.1988 | Fuhrberg | 4 | 27 |
26.08.1988 | Fuhrberg | 2 | 8 |
29.08.1988 | Fuhrberg | 8 | 40 |
28.09.1988 | Fuhrberg | 24 | 118 |
28.09.1988 | Fuhrberg | 7 | 33 |
11.10.1988 | Fuhrberg | 16 | 85 |
26.10.1988 | Fuhrberg | 11 | 53 |
30.10.1988 | Fuhrberg | 6 | 33 |
08.11.1988 | Bodenmais | 306 | 1.306 |
18.11.1988 | Fuhrberg | 25 | 134 |
19.11.1988 | Bodenmais | 143 | 653 |
21.11.1988 | Fuhrberg | 5 | 22 |
22.11.1988 | Fuhrberg | 6 | 34 |
22.11.1988 | Fuhrberg | 4 | 21 |
22.11.1988 | Fuhrberg | 9 | 53 |
23.11.1988 | Fuhrberg | 5 | 22 |
23.11.1988 | Fuhrberg | 5 | 26 |
30.01.1989 | Fuhrberg | 26 | 138 |
30.01.1989 | Fuhrberg | 5 | 29 |
30.01.1989 | Fuhrberg | 5 | 30 |
09.05.1989 | Bodenmais | 6 | 30 |
09.05.1989 | Bodenmais | 6 | 32 |
18.05.1989 | Bodenmais | 470 | 2.433 |
31.05.1989 | Bodenmais | 316 | 1.762 |
16.07.1989 | Bodenmais | 410 | 2.046 |
31.10.1989 | Bodenmais | 781 | 4.991 |
07.12.1989 | Bodenmais | 384 | 2.469 |
07.12.1989 | Bodenmais | 251 | 1.762 |
Forschungsvorhaben: Erfassung der aktuellen Kontaminationssituation bei Wildschweinen in Deutschland
Forschungsvorhaben FKZ: 3617S52531
Projekt Zeitraum: 2017 – 2021
Im Auftrag: Bundesamt für Strahlenschutz
s. Strahlenschutzforschung Programmreport 2019
Aufgabenstellung
Wildschweine zählen derzeit zu den am höchsten kontaminierten Lebensmitteln. Nach aktuellem Kenntnisstand stagniert ihr Radiocäsiumgehalt im Durchschnitt auf hohem Niveau, wobei die Messwerte eine extreme Variabilität aufweisen. Die Kontamination von Hirschtrüffeln (Elaphomyces granulatus und Elaphomyces muricatus) und die Verteilung der Tiergewichte der erlegten Wildschweine sind Schlüsselfaktoren für Mittelwert und Streuung der Kontaminationswerte.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens sollen aktuelle Daten zur Radiocäsiumkontamination von Wildschweinen, zur Kontamination von Hirschtrüffeln und zur Verteilung der Tiergewichte der Wildschweine beim Abschuss erhoben werden, die es ermöglichen, das radioökologische Modell zur Wildschweinkontamination zu validieren. Durch die Berücksichtigung der Variabilität der Radiocäsiumaufnahme und der Tiergewichte soll die Vorhersagekraft des Modells für die Streuung der Kontaminationswerte verbessert werden. Das radioökologische Prognosemodell ist eine Grundlage für politische Entscheidungen und die Information der Bevölkerung.
Kenntnisstand und Rahmenbedingungen
Aus früheren Forschungsvorhaben und einschlägiger Literatur liegen Daten über die Kontamination verschiedener Bodenschichten, von Wildschweinen, Hirschtrüffeln und anderer Nahrungsbestandteile für verschiedene Regionen (u. a. Bayerischer Wald, Pfälzer Wald, Harz) in Deutschland vor. Aus diesen Messwerten und aus Karten zur Flächennutzung wurde unter Berücksichtigung der Migration von Cs-137 im Boden ein Prognosemodell für die Radiocäsiumkontamination von Wildschweinen erstellt und mit gemessenen Kontaminationswerten bestimmter Regionen verglichen. Die Validierung des Prognosemodells war nur sehr eingeschränkt möglich, da es die Streuung der Kontaminationswerte nur begrenzt reproduzieren kann. Die neu zu erhebenden Daten dienen dazu, das bestehende Modell zu erweitern (Tiergewicht beim Abschuss und Variabilität der Radiocäsiumaufnahme), die Prognosequalität zu verbessern, und die Modellprognosen zu validieren.
Einzelzielsetzungen/ Gliederung der Aufgabe
Das Forschungsvorhaben ist in drei Arbeitspakete unterteilt:
(1) Erhebung von Informationen zu Jagdstrecke und Abschussgewichten,
(2) Probenahme und Messung von Hirschtrüffeln in den Untersuchungsgebieten, und
(3) Probenahme und Messungen an Muskelfleischproben von Wildschweinen in den Untersuchungsgebieten.
Für die Probenahme von Hirschtrüffeln und Muskelfleisch sind drei Untersuchungsgebiete zu beproben:
- Untersuchungsgebiet 1: Innerhalb des Waldgebiets gelegenes Jagdgebiet im Bayerischen Wald, bevorzugt Bodenmais.
- Untersuchungsgebiet 2: Innerhalb des Waldgebiets gelegenes Jagdgebiet im Pfälzer Wald, bevorzugt Dahn.
- Untersuchungsgebiet 3: Durch den Auftragnehmer zu bestimmen.
Untersuchungsgebiete 1 und 2 wurden in den Jahren 2002-2004 intensiv beprobt und erlauben daher den Vergleich historischer mit und aktueller Werte für die Kontamination von Wildschweinen und Hirschtrüffeln. Untersuchungsgebiet 3 wird vom Auftragnehmer bestimmt. Das Gebiet soll folgende Kriterien erfüllen:
– Das Gebiet soll im Jahr 1986 auf dem größten Teil der Fläche eine Bodenkontamination mit Cs-137 von mindestens 5 kBq/m² aufgewiesen haben.
– Das Gebiet umfasst Waldgebiete die unterbrochen sind durch ackerbauliche Nutzfläche. Der Anteil der Waldfläche an der Gesamtfläche beträgt allerdings mehr als 50%.
– Aufgrund der vergangenen Jagdstrecken ist davon auszugehen, dass die zukünftigen Jagdstrecken eine ausreichende Beprobung von Muskelfleisch bei Schwarzwild ermöglichen.
– Aufgrund der Verbreitungskarte (vgl. Endbericht zum Vorhaben 3607S04561) für Elaphomyces granulatus und Elaphomyces muricatus ist davon auszugehen, dass der Standort geeignete Voraussetzungen für eine ausreichende Beprobung an Hirschtrüffeln ermöglicht.
– In dem Untersuchungsgebiet werden für Schwarzwild weder Ablenk- noch Winterfütterungen durchgeführt.
Forschungsprojekt: Untersuchungen zum Verhalten von Radiocäsium in Wildschweinen und anderen Biomedien des Waldes 2005
Resortforschungsvorhaben des BMU BMU – 2005-675. Durchgeführt von umweltanalysen.com 2001 – 2004
Auch 18 Jahre nach dem Tschernobyl-Fallout werden in regional begrenzten Gebieten der Bundesrepublik in einigen Pilzarten und im Fleisch von Wildtieren deutlich erhöhte 137Cs Kontaminationen gemessen. Bei Wildschweinen hat sich die 137Cs Aktivität seit dem Reaktorunfall in einigen Gebieten kaum verändert.
In diesem Forschungsvorhaben wurden die Ursachen für die vergleichsweise hohe 137Cs Aktivität von Wildbret, insbesondere von Wildschweinen detailliert aufgeklärt und der längerfristige Verlauf der Kontamination untersucht. Da sich die im Fleisch einstellende 137Cs Aktivität im Wesentlichen durch Ingestion ergibt, wurde die Zusammensetzung der Nahrung von Reh, Rothirsch und Wildschwein durch genaue Analyse des Mageninhalts bestimmt. Die ermittelten Nahrungsbestandteile wurden im Untersuchungsgebiet regelmäßig beprobt und die 137Cs Aktivität gemessen. Aus den Messwerten wurde der Beitrag an der Gesamtaufnahme von 137Cs quantifiziert und aus der berechneten Gesamtzufuhr die Kontamination von Muskelfleisch abgeschätzt.
Eine der letzten Altlasten aus dem Tschernobyl-Fallout ist die 137Cs Kontamination von Wildschweinen in vereinzelten Gebieten im Süddeutschen Raum. Bei Wildschweinen ist die Aufnahme von 137Cs mit der Nahrung wesentlich komplexer als bei den reinen Pflanzenfressern Reh und Rothirsch, denn sie nehmen, neben oberirdischer Nahrung auch Bestandteile aus dem Boden auf, je nach Verfügbarkeit und Vorliebe. Dadurch ergibt sich ein zeitlich differenzierter Verlauf der 137Cs Aktivität in Wildschweinen, der in der Abbildung 2 dargestellt ist (Untersuchungsgebiet Bodenmais und einem angrenzenden Jagdrevier in Zwiesel von 1987 – 2003. Die Bodenkontamination ist in beiden Gebieten ähnlich hoch).
Die Kontamination der Wildschweine nahm von 1987 bis 2004 trendmäßig zu, was am Verlauf der Regressionsgeraden zu sehen ist (R=0,05421 und P=0,333). Aus der Steigung der Geraden ergibt sich eine effektive Verdoppelungszeit von 78 Jahren.
Abb. 2: Zeitverlauf von 137Cs in Wildschweinen aus dem Untersuchungsgebiet Bayerischer Wald, mit Regressionsgerade, 1987-2004 (n=321)
Saisonal unterschiedliche Nahrungswahl führt zu großen Cäsium-Kontaminationsschwankungen
In der vorliegenden Untersuchung nahm die Kontamination der Wildschweine von Herbst 2003 bis Frühling 2004 deutlich ab. So unterschied sich die mittlere 137Cs Aktivität im Dezember 2003 mit nur 876 Bq/kg hochsignifikant von dem langjährigen Mittelwert im Dezember von 4.128 Bq/kg (P<0,0001). Verursacht wurde die Aktivitätsabnahme durch die Buchenmast. Die Wildschweine nahmen ab Anfang Oktober 2003 die nur wenig 137Cs enthaltenen Bucheckern auf (Mittelwert 27 Bq/kg, FS), zulasten anderer Nahrungsbestandteile. Die Mägen enthielten während der Mastzeit signifikant weniger Pilze und Boden als sonst. Noch im folgenden Frühjahr wurden erhebliche Mengen Bucheckern nachgewiesen, bis die Früchte später im Wald-boden auskeimten. Es heißt nicht umsonst „Mastjahr“.
Die verminderte Kontamination der Wildschweine im Spätsommer 2003 ist vermutlich auch auf den sehr trockenen, niederschlagsarmen Sommer zurückzuführen. Die unterirdischen Nahrungsquellen waren schwerer zugänglich als normal, besonders in der Zeit von Juli bis September war der Waldboden in großen Teilen des Untersuchungsgebietes regelrecht zusammengebacken. Bei den Probenahmen konnten Hirschtrüffeln nur mithilfe eines vorne gebogenen Hammers geerntet werden. Zu der Zeit nahmen Wildschweine vermutlich mehr oberirdische Nahrung auf als üblich, was zu der relativ niedrigen Kontamination führte, denn unterirdische Nahrungsbestandteile liefern einen deutlich höheren Beitrag zur Kontamination als oberirdisch Wachsende (Abbildung 3).
Einflüsse auf die Anzahl Schwarzwild
Die Wildschweine im Untersuchungsgebiet kamen durch die Buchenmast 2003 hervorragend über den sonst nahrungsarmen Winter, mit der Folge, dass die Population 2004 explodierte. 2003 wurden 45 Tiere untersucht, 2004 waren es 92. Da es mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist, die Bestandsdichten von Wildtieren zu ermitteln, werden häufig indirekte Anzeiger zur Beurteilung von Wildbeständen herangezogen, wie z.B. für Schalenwild der „Verbiss-Zustand des Waldes“. Zur Beurteilung von Wildschweinbeständen wird häufig auf die Anzahl erlegter Tiere zurück gegriffen. Die Bestandsentwicklung von Wildschweinen nimmt in der gesamten Bundesrepublik schon seit Jahren zu (s. Jagdstatistik von Wildschweinen).
Beitrag von Nahrungsbestandteilen zur 137Cs Aktivität von Wildschweinen
Wegen der besonders hohen der 137Cs Kontamination der Wildschweine, stellt sich die Frage, welchen Beitrag die einzelnen Nahrungsbestandteile an der 137Cs Kontamination liefern. Dazu wurde zunächst die tägliche aufgenommene 137Cs Aktivität berechnet, um zu prüfen, ob die gemessene Kontamination im Fleisch der Tiere aus den 137Cs Messdaten der Nahrungsbestandteile im Untersuchungsgebiet abzuleiten ist. Als tägliche Nahrungsmenge wurden 1 bzw. 3 Kilogramm Frischsubstanz angenommen. In der Tabelle 1 sind die Ergebnisse dargestellt.
Tab. 1: 137Cs Zufuhr von Wildschweinen, bei unterschiedlicher Nahrungsaufnahme
Nahrungsspektrum | Nahrungsmenge: 1 Kilogram/Tag | Nahrungsmenge: 3 Kilogram/Tag |
aufgenommene 137Cs Aktivität [Bq/d] | aufgenommene 137Cs Aktivität [Bq/d] | |
Mittleres Nahrungsspektrum | 1.201 | 3.604 |
Anteil: 20% Trüffel, 40% Boden | 4.138 | 12.413 |
Anteil: 30% Trüffel, 40% Boden | 5.912 | 17.737 |
Anteil 80% Bucheckern | 320 | 961 |
Verschiedene Szenarien bezüglich der Zusammensetzung der Nahrungsbestandteile
Es wurden verschiedene Szenarien bezüglich der Zusammensetzung der Nahrungsbestandteile berechnet: die Aufnahme entsprechend der in den Mageninhaltsanalysen ermittelten durchschnittlichen Nahrungsbestandteile und die Aufnahme mit einem erhöhten Anteil an Hirschtrüffeln von 20% bzw. 30%. Da mit einer höheren Aufnahme von Hirschtrüffeln auch mehr Boden aufgenommen wird, wurde dieser Anteil ebenfalls erhöht. Als 137Cs Aktivität der Nahrungsbestandteile wurden die normierten Daten aus den Ergebnissen der Cs-Kontamiantion der Nahrungsbestandteile verwendet. Dieser Berechnung nach, nimmt ein Wildschwein, bei durchschnittlicher Zusammensetzung der Nahrungsbestandteile und mittleren 137Cs Gehalten, mit einem Kilogramm Futter 1.201 Becquerel 137Cs auf, mit drei Kilogramm sind es 3.604 Becquerel. Ein erhöhter Anteil Hirschtrüffeln führt zu einer deutlichen Zunahme der täglich aufgenommen 137Cs Aktivität. Bei 30% Trüffelanteil in 3 Kilogramm Nahrung sind es 17.737 Becquerel. Diese Berechnungen sind realistisch, denn Mägen von Wildschweinen können durchaus mehr als 30% Trüffeln enthalten.
Bucheckern
Umgekehrt bewirkt die vermehrte Aufnahme von Bucheckern, im Verhältnis zu anderen Nahrungsbestandteilen, eine deutliche Reduktion der aufgenommenen 137Cs Aktivität. Bei einer Aufnahme von 1 Kilogramm Nahrung mit 80% Bucheckern werden nur 320 Becquerel 137Cs zugeführt. Die Variabilität der 137Cs Aktivität von Hirschtrüffeln ist im Untersuchungsgebiet sehr hoch, wodurch der 137Cs Input der Wildschweine entsprechend unterschiedlich ist. Wird die Rechnung zum Beispiel mit 30% Trüffeln an der Nahrungsmenge, bei einer Kontamination von 40.000 Bq/kg (die in einigen Teilen des Untersuchungsgebietes durchaus realistisch ist) durchgeführt, ergibt sich bei 3 kg Nahrungsmenge eine 137Cs Zufuhr von 37.722 Bq/d. In der Abbildung 3 sind die Beiträge der einzelnen Nahrungsgruppen an der 137Cs Zufuhr dargestellt, wobei die Anteile der ober- und unterirdisch wachsenden Bestandteile farblich unterschiedlich dargestellt sind.
Abb. 3: Durchschnittlicher Beitrag der einzelnen Nahrungsgruppen an der 137Cs Gesamtzufuhr von 70 WildschweinmägenMit durchschnittlich 81,5% stellten Hirschtrüffeln den mit Abstand größten Beitrag an der 137Cs Kontamination des mittleren Mageninhalts. Nennenswerte Anteile hatten nur noch Boden mit 11,9% und Gräser mit 2,2%, oberirdische Fruchtkörper von Pilzen mit 2,1 und Kräuter mit 1,1%. Der Beitrag aller anderen Nahrungsgruppen war jeweils weniger als 1%.
Aus dem Untersuchungsgebiet Göttingen wurden im Jahr 2000 auch Proben von Wildschweinen untersucht. Die Cs-137 Werte reichten von 1,5 bis 3,1 Bq/kg (n=4), bei einem Durchschnittswert von 2,2 Bq/kg. Diese Aktivitäten dürften zu den niedrigsten Cs-137 Werten zählen, bei Wildschweinen aus der Bundesrepublik gemessen wurden, während die im Raum Bodenmais festgestellten Messwerte zu den höchsten zählen. Die Kontamination von Wildschweinen variiert damit um fast 4 Größenordnungen.
Aus dem Untersuchungsgebiet Göttingen wurden im Jahr 2000 auch Proben von Wildschweinen untersucht. Die Cs-137 Werte reichten von 1,5 bis 3,1 Bq/kg (n=4), bei einem Durchschnittswert von 2,2 Bq/kg. Diese Aktivitäten dürften zu den niedrigsten Cs-137 Werten zählen, bei Wildschweinen aus der Bundesrepublik gemessen wurden, während die im Raum Bodenmais festgestellten Messwerte zu den höchsten zählen. Die Kontamination von Wildschweinen variiert damit um fast 4 Größenordnungen.
Die Arbeiten wurden mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit finanziert. Der Text gibt die Auffassung und Meinung des Auftragnehmers wieder und muss nicht mit der des Bundesumweltministeriums übereinstimmen.
Radioökologisches Modell zur Prognose der Radioaktivität von Wildschweinen
Um die relativ hohe Kontamination numerisch zu erklären und zukünftige Kontaminationen vorherzusagen, wurde ein radioökologisches Modell entwickelt. Dieses Modell sollte in der Lage sein, die experimentellen Daten von Nahrungsaufnahme und radioaktiver Kontaminationen, die in der Vergangenheit erfasst wurden, zu berücksichtigen.
Das entwickelte radioökologische Modell basiert zum Teil auf dem ECOSYS-Modell (Müller und Pröhl, 1993). Es beschreibt Prozesse der Migration von Radiocäsium im Boden, die Wurzelaufnahme von Radiocäsium durch Pflanzen, die als Nahrung für Wildschweine dienen und den Transfer des Nuklids in das Tier.
Da es bekannt ist, dass die vertikale Migration von Cäsium-137 im Boden wichtig für die Kontamination von Pilzen ist (Steiner et al., 1999), wurde als Bodenmodell ist ein Mehrschichtmodell verwendete. Die starke Variation der gemessenen Aktivitätskonzentrationen von Wildschweinen wird mithilfe von Monte-Carlo-Methoden modelliert, mit denen die Variation der Modellparameter simuliert werden kann.
Japan – Unfall von Fukushima
Der Unfall des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi (FDNPP) im Jahr 2011 hat große Mengen künstlicher radioaktiver Substanzen in die Umwelt freigesetzt. In einer Studie zur Radiocesiumkonzentrationen in Wildschweinen in Japan haben Cui et. al (2020) die Konzentration von Radiocesium (Cs 134 + Cs 137) in 213 Muskelproben von Wildschweinen (Sus scrofa) gemessen, die in der Stadt Tomioka, die sich 20 km vom FDNPP entfernt befindet, gefangen wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass 210 (98,6%) Muskelproben immer noch die regulatorische Radiocesium-Grenze (100 Bq/kg) für allgemeine Lebensmittel überschreiten. Die Radiocesiumwerte (Cs 134 + Cs 137) lagen zwischen 87,1 und 8.120 Bq/kg Frischmasse (FM) bei einer mittleren Konzentration von 450 Bq/kg FM.Die Verteilung der Radiocäsiumaktivität ist in der Abbildung 3 dargestellt.
Effektive Dosis für den Menschen durch Verzehr von Wildschweinfleisch
Die mediane festgelegte effektive Dosis wurde für Frauen auf 0,070–0,26 μSv / Tag und für Männer auf 0,062–0,30 μSv / Tag geschätzt. Die festgelegte wirksame Dosis für die einmalige Einnahme von Wildschweinfleisch könnte für die Bewohner von Tomioka als äußerst niedrig angesehen werden. Die in dieser Studie festgestellten relativ hohen Radioaktivitätsniveaus lassen darauf schließen, dass die hohe Variabilität der Nahrungsquellen möglicherweise zu einer starken Anreicherung radioaktiver Substanzen geführt hat. Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine umfassende Langzeitüberwachung erforderlich ist, um Risikofaktoren zu identifizieren, die die Wiederherstellung nach einer nuklearen Katastrophe beeinflussen.
Abb. 3: Verteilung der Radiocesiumkonzentrationen (Cs 134 + Cs 137) im Muskelgewebe von Wildschweinen aus der Region Fukushima, Japan. Probenahme Januar bis Dezember 2019. Quelle Cui et. al 2020
Diese Studie hatte einige Einschränkungen. Erstens war die Stichprobengröße in den ersten Monaten der Studie gering. Zweitens waren Zeittrends und saisonale Schwankungen immer noch schwer einzuschätzen. Tatsächlich bleibt die saisonale Veränderung der Radionuklidkontamination bei Wildschweinen umstritten. Änderungen der Nahrungsquellen, Essgewohnheiten, der natürlichen Umwelt und des menschlichen Verhaltens können die Radionuklidkonzentrationen beeinflussen. Daher sind kontinuierliche Messungen erforderlich, um festzustellen, wie sich saisonale Veränderungen auf die Radiocesiumkonzentration in Wildschweinen auswirken.
Forschungsprojekte als Auftragsforschung für das BMU / BfS
BfS UFOPlan 2007
S05020701 Bundesweiter Überblick über die Radiocäsiumkontamination von Wildschweinen
Messungen an Wildschweinen aus dem süddeutschen Raum belegen, dass die Radiocäsiumkontamination auf hohem Niveau stagniert oder sogar ansteigt. Auch in vergleichsweise niedrig belasteten Gebieten, wie etwa dem Pfälzerwald, können mehr als ein Drittel der untersuchten Stichproben von Schwarzwild Radiocäsiumaktivitäten von mehr als 600 Bq/kg Frischmasse aufweisen. Ein bundesweiter Überblick über die Kontaminationssituation liegt jedoch nicht vor.
In diesem Forschungsvorhaben sollen die bundesdeutschen Messungen zur Radiocäsiumkontamination von Wildschweinen sowie die kontaminationsbestimmenden Einflussfaktoren (Höhe der Radiocäsiumdeposition, Existenz großer, zusammenhängender Waldflächen etc.) möglichst vollständig recherchiert und zusammengestellt werden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse soll eine Landkarte Deutschlands mit der zu erwartenden Kontamination von Wildschweinen erstellt werden. Durch stichprobenartige Messungen des Muskelfleisches von Wildschweinen in ausgesuchten, bisher nicht systematisch beprobten Gebieten soll die Karte zur potentiellen Wildschweinkontamination validiert werden.
Literatur
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit: Cäsium 137-Belastung von Wildfleisch in Österreich
Cui, L., Orita, M., Taira, Y., Takamura, N., 2020: Radiocesium concentrations in wild boars captured within 20 km of the Fukushima Daiichi Nuclear Power Plant. Sci Rep 10, 9272 (2020). https://doi.org/10.1038/s41598-020-66362-6. Link zur Quelle
Fielitz U., 2005: Untersuchungen zum Verhalten von Radiocäsium in Wildschweinen und anderen Biomedien des Waldes
Fielitz U., 1996: Radiocäsium in Wildtieren nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl
Hartmann, P., Urso, L., Fielitz, U., Steiner, M., 2016. A probabilistic/stochastic model for contamination levels of Cs-137 in Wild Boars. In: IRPA conference. Cape Town. 9-13 May 2016.
Rachubik J., 2008: Radiocesium in Polish game meat
Radioactive wild boars in Sweden are eating nuclear mushrooms
Tataruch F., Schönhofer F., Onderscheka K., 1988: Untersuchungen zur radioaktiven Belastung der Wildtiere in Österreich