effektive Halbwertszeit – wissenschaftliche Definition und Formel

effektive Halbwertszeit - Definition, Erklärung und BeispieleAus radioökologischer Sicht ist es von besonderem Interesse zu wissen, in welcher Zeit die Aktivität eines Radionuklids in einem Organismus um die Hälfte abnimmt. Beispielsweise wird bei der Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen den Patienten je nach Fragestellung schwach radioaktives Technetium-99m-Pertechnetat oder Iod-123 Natriumiodid verabreicht. Bei Tc-99 hat sich die ursprünglich verabreichte Aktivität im Körper bereits nach 2 – 3 Stunden halbiert. Dieser Zeitraum wird effektive Halbwertszeit genannt.

Die Abnahme der Aktivität kommt dabei durch die Überlagerung von 2 Prozessen zustande:

  • Den radioaktiven Zerfall des Nuklids
  • Durch die stoffwechselbedingte Ausscheidung des Nuklids im Körper
Definition: Die effektive Halbwertszeit (Teff) ist die Zeit, die erforderlich ist, damit die Aktivität eines bestimmten Radionuklids, das in einem lebenden Organismus wie einem Menschen oder einem Tier vorhanden ist, infolge der kombinierten Wirkung von radioaktivem Zerfall und biologischer Ausscheidung um 50 Prozent reduziert wird.

Formel: So wird die effektive Halbwertszeit berechnet

Die Berechnung von Teff erfolgt mit der physikalischen und der biologischen Halbwertszeit nach folgender Formel:

Teff = Tphys. * Tbiol. / Tphys. + Tbiol.

Aus der mathematischen Beziehung geht hervor:

Wenn die Tphys. deutlich kürzer als die Tbiol. ist, entspricht die Teff  in etwa der Tphys. und umgekehrt.

In der radioökologischen Praxis ist die effektive Halbwertszeit eine wichtige Größe, denn die Zeitspanne beschreibt die tatsächliche Aktivitätsabnahme des betrachteten biologischen Systems.

Beispiel Technetium-99m

Als Beispiel soll die effektive Halbwertszeit für Technetium-99m-Pertechnetat bei der Schilddrüsendiagnostik berechnet werden: Die physikalische Halbwertszeit für das Nuklid ist ca 6 Stunden. Die biologische Halbwertszeit, mit der das Nuklid hauptsächlich über die Nieren abgebaut und mit dem Urin ausgeschieden wird, beträgt ca. 4 Stunden. Daraus ergibt sich 6 * 4/6+4 = 2,4 Stunden.

Mensch Ganzkörper

In der folgenden Übersicht ist die effektive Halbwertszeit für einige Nuklide für den Ganzkörper des Menschen angegeben

Nuklid Teff 
Plutonium 239 197
Uran 238 15
Radium 226 41
Jod 131 7,5

Biomedien: Tiere und Pflanzen

Nicht nur für den Menschen, auch für Tiere und Pflanzen und Pilze können effektive Halbwertszeiten berechnet werden. In der folgenden Tabelle sind die Zeitspannen für das Nuklid Cäsium 137 angegeben:

Spezies Teff [Jahre]
Adlerfarn 23,8
Brombeere 4,7
Dornfarn 5,4
Heidelbeere 7,0
Himbeere 3,6
Pfeifengras 4,8
Seegras 5,3
 Wald-Frauenfarn 7,2
 Waldhainsimse 4,0
Rothirsch 5,0
Reh 6,0
Wildschwein

Bei den üblichen Betrachtungen zur Teff  handelt es sich um eine einmalige Applikation bzw. Aufnahme eines Radionuklids, wie z. B. bei der Schilddrüsendiagnostik. Bei den im Wald lebenden Pflanzen und Tieren liegt aber ein meist eine regelmäßige Aufnahme des Nuklids über die Nahrungszufuhr vor.

Pharmakologie

In der Pharmakokinetik kann die scheinbare oder wirksame Halbwertszeit eines Arzneimittels eine Manifestation der Eliminationskinetik, der Absorptionskinetik, der Kinetik des Verschwindens vom Anwendungsort, einer komplexen Funktion der Elimination und Verteilung oder einer Kombination von sein obenstehendes. Unabhängig von der physikalischen oder biologischen Realität (oder ihrer Vorstellung davon) ist die Halbwertszeit eine wichtige, wenn nicht die einzige Determinante für die Akkumulation von Arzneimitteln. Bei wiederholter Verabreichung gemäß einem bestimmten Schema akkumulieren Arzneimittel mit längeren Halbwertszeiten langsamer, jedoch in größerem Maße.

Literatur

SSK – Strahlenexposition von Personen durchnuklearmedizinisch untersuchte Patienten. Link

Effective Half-Life – an overview – https://www.sciencedirect.com/topics/agricultural-and-biological-sciences/effective-half-life

Ravichandran R, Binukumar J, Saadi AA., 2010: Estimation of effective half life of clearance of radioactive Iodine (I) in patients treated for hyperthyroidism and carcinoma thyroid. Indian J Nucl Med 25:49-52. Quelle